Gedenktafelenthüllung in Hamburg 2016
Bericht: Jürgen Schlickeisen
Fotos: Copyright ©2016 Jürgen Schlickeisen, Dorothee Lotsch
Samstag 15:00
Als am Samstag, den 30.07.2016, vor dem Haus am Rothenburgsorter Marktplatz 5 das Lied "Zigeunerjunge" erklang, hatten sich dort etwa 30 Vereinsmitglieder, angereist aus ganz Deutschland, Angehörige aus Alexandras Familie, Mitarbeiter der SAGA GWG, der AWO, ein Mitglied des Deutschen Bundestages, ein Pressefotograf sowie einige Passanten versammelt.
Dorothee Lotsch, 1. stellv. Vorsitzende unseres Vereins, begrüßte ganz herzlich alle Anwesenden zur bevorstehenden Gedenktafelenthüllung.
Sie erinnerte zunächst an Alexandras Leben, ihre Werke, ihre Persönlichkeit und ihre ungebrochene Popularität und Präsenz, in Radio, TV, auf Deutschlands Bühnen, und natürlich in den Herzen ihrer Fans und Familienangehörigen, auch heute noch, 47 Jahre nach ihrem tragischen Tod.
Hier, in einer Wohnung am Rothenburgsorter Marktplatz, hat sie von 1961 – 1969 gelebt, hier genoss sie ihre kurzen Ruhepausen, die ihr der Trubel des Showgeschäftes ließ, hier erholte sie sich im Kreise ihrer Familie und sammelte neue Kraft. Im Gespräch mit Frau Osthausen, einer seit der Erbauung des Hauses hier wohnenden Mieterin, erfuhr Werner Dechent, dass Alexandra im vierten Stockwerk gewohnt hat.
In Hamburg fühlte Alexandra sich zuhause, verbunden mit dem Meer, dem Möwengekreische und dem ewigen Schiffstuten.
Anschließend stellte Dorothee Lotsch unseren Verein vor; vor dreizehn Jahren gegründet und mit mittlerweile etwa 120 Mitgliedern, die im Gedenken an Alexandra vereint sind, und die aktiv an der Bewahrung ihrer Werke beteiligt sind, und durch zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten das Leben und die Persönlichkeit dieser einzigartigen Künstlerin in Erinnerung rufen.
So auch heute durch ein lange organisiertes und mit zahlreichen Schwierigkeiten verbundenes Projekt, nämlich die Anbringung einer Gedenktafel an ihrem ehemaligen Wohnhaus.
Die ursprüngliche Idee zu diesem Vorhaben kam damals von unserem Mitglied Thomas Stoye, dem wir für sein großes Engagement in dieser Angelegenheit einen großen Dank aussprechen möchten!
Er überlegte damals zusammen mit anderen Mitgliedern, wie man an Alexandras ehemaligem Wohnort an sie erinnern könnte. Nach ersten Ideen für eine Gedenktafel leitete er zunächst unverbindliche Gespräche mit der SAGA GWG (Herrn Isfort) und der AWO in die Wege und bekam schließlich Zustimmung von der SAGA GWG signalisiert. Daraufhin wandte er sich in schriftlicher Form im Namen des Vereins an die SAGA GWG, erhielt von ihr nun eine schriftliche Zusage, führte weitere Gespräche mit der AWO und nahm Kontakt auf zu Johannes Kahrs. Nach dem er mit ihm detailliert über das geplante Vorhaben gesprochen hatte, bot dieser gerne seine umfangreiche Unterstützung für dieses Projekt an und stellte einen Zuschuss in Aussicht.
Im weiteren Verlauf nahm dann unser Vereinsvorstand den Kontakt auf mit der Stadt Hamburg und der SAGA GWG in Vertretung von Herrn Isfort, dem wir für die weitere Unterstützung ebenfalls herzlich danken möchten.
Einen großen Teil zum Gelingen der heutigen Veranstaltung trug auch die AWO bei, die uns freundlicherweise ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellte und allen Teilnehmern so die Möglichkeit zum geselligen Beisammensitzen bei Sekt, Saft und Snacks bieten, sowie Schutz vor dem derzeit wechselhaften Wetter. Daher auch deren Mitarbeitern, insbesondere Frau Mäuselein und Frau Swyter, ein ganz herzliches Dankeschön!
Weiterhin gebührt unser Dank unserem 2. stellv. Vorsitzenden, Werner Dechent, welcher die Tafel konzipiert hat und der Firma CIM (Creatives in Metall) in Mainz, in Person von Petra Wagner-Behrendt, wo die Herstellung erfolgte.
Eine 30 x 40 cm große, feingegossene Bronzetafel mit Keramikfoto und doppelt aufgebrachtem Spezialklarlack.
Abschließend übermittelte Dorothee Lotsch zahlreiche Grußworte von Familienangehörigen Alexandras, Mitgliedern unseres Vereins sowie ihm verbundenen Personen, die heute leider verhindert waren, und übergab dann das Wort an Horst Lessing, Alexandras Cousin, der dankenswerter Weise zu unserer Veranstaltung aus Neumünster angereist war.
Ergänzend zu den von Dorothee Lotsch vorgetragenen Aktivitäten des Vereins erwähnte Horst Lessing noch lobend die von uns seit Jahren übernommene Pflege des Familiengrabes in München, wo Alexandra und ihre Eltern die letzte Ruhestätte fanden, sowie die von der Öffentlichkeit eher unbemerkten Jahres-, Gedenk- und Regionaltreffen der Vereinsmitglieder, welche ebenfalls dazu beitragen, die Erinnerung an Alexandra in unseren Herzen zu bewahren.
Dann fuhr er fort mit vier Episoden, die sich hier, in Alexandras damaliger Wohnung, zugetragen haben, um uns so die damaligen Verhältnisse und den Umgang innerhalb der Familie beispielhaft an alltäglichen Ereignissen näher zu bringen.
So zum Beispiel eine lustige Episode, die sich zutrug, als er einmal zu Besuch eingeladen war, und ihm seine Cousinen im Vorfeld zu verstehen gaben, dass er sich nicht vorher schon, in der Kaserne, rasieren müsse, sondern das problemlos auch bei ihnen in der Wohnung machen könne. Dahinter steckte bei den Damen die zuerst unausgesprochene Hoffnung, nun endlich einmal beobachten zu können, wie ein Mann sich mit Pinsel, Messer und Schaum rasiert und dabei sein Rasiermesser an der Halsschlagader entlangführt (was ja auf großen Mut hinwiese!). Dies sollte sich für die beiden dann jedoch als herbe Enttäuschung darstellen, da sie nicht damit gerechnet hatten, dass ihr Bruder mit einem elektrischen Rasierapparat ausgestattet war…
So sprach er noch in drei weiteren unterhaltsamen Episoden davon, wie z.B. ein ehemaliger Kamerad von ihm bei einer Einladung zu Kaffee und Kuchen sich nicht getraut hatte, mit Alexandra ein Rendezvous in die Wege zu leiten (wer weiß, wie ansonsten Alexandras weiteres persönliches Schicksal verlaufen wäre…).
Oder wie er einmal dabei war, als seine Cousine, die sich in einem russischen Lokal durch Abendmusik etwas dazuverdiente, am Klavier saß und hervorragend und hingebungsvoll vorspielte, was ihn als Cousin unheimlich stolz machte.
Nicht vergessen wird er auch den Tag, als ihm seine Tante auf einem alten Radio-Kassettenrecorder die Rohaufnahme eines neuen Liedes von Alexandra vorspielte, und er in dem Moment völlig ergriffen war und in dem Bewusstsein, dass hier gerade ein ganz großer Hit entstand.
Es war die Rohaufnahme von "Mein Freund, der Baum".
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bei Horst Lessing bedanken, für sein Erscheinen und für die Darbringung der damaligen Ereignisse aus erster Hand.
Wir haben uns sehr darüber gefreut, und hoffen, ihn auch in Zukunft noch oft in unserem Kreise begrüßen zu dürfen!
Als nächstes ergriff zur Überraschung aller nun ein weiterer Gast das Mikrofon, über dessen Erscheinen wir uns ebenfalls sehr gefreut haben, da es sich um ein Mitglied aus Alexandras Familie handelt, welches wir bisher nicht persönlich kennenlernen durften und dessen Erscheinen durch Alexander, Alexandras Sohn, der in Boston lebt, vermittelt worden war.
Die Rede ist von Dorian Treitz, Alexandras Neffe (Melittas jüngerer Sohn).
Ihm wurde nun die ehrenvolle Aufgabe zuteil, die von Alexander verfasste Rede vorzutragen.
Für Dorian Treitz, der es nicht gewohnt ist, solche Reden zu halten, zudem noch bei einer öffentlichen Veranstaltung im Kreise ihm bisher unbekannter Personen, eine Ehre und eine kleine Herausforderung zugleich; diese nahm er jedoch ohne zu zögern an und meisterte sie bravourös auf natürliche und sehr sympathische Art und Weise, was denn auch abschließend von allen Anwesenden mit großem Applaus bedacht wurde!
In der vorgelesenen Rede bedankt sich Alexander für unser zahlreiches Erscheinen und spricht sein Bedauern aus, nicht persönlich anwesend sein zu können.
Hier in Rothenburgsort in Alexandras damaliger Wohnung habe er seiner Mutter zugehört, bei all ihren Proben und Übungen auf der Gitarre, hier habe er ihr zugesehen bei ihren stundenlangen Recherchen in ihrer großen LP- und Notensammlung. Hier entstanden Lieder, die später ihren Weg in die ganze Welt finden sollten. Das Resultat eines unbändigen Willens und harter Arbeit.
Ebenfalls war er Zeuge, wie seine Großmutter Wally Treitz hier die Kleider für ihre Tochter schneiderte.
Dass damals einmalige Werke entstanden, die von außergewöhnlichem Talent zeugen, zeigt sich auch darin, dass sie auch Jahrzehnte nach ihrem Tod und in aller Welt präsent und aktuell sind und man lange (und vergeblich…) nach etwas vergleichbarem suchen kann.
Alexandra habe in dieser Wohnung ihre Basis gefunden, auf deren Grundlage sie das volle Potential ihres Talentes entwickeln konnte.
Worte allein könnten nicht annähernd ausdrücken, was ihre Werke auch heute noch für ihre Zuhörer bedeuten. Dies zeige sich in der Vielzahl von Interpreten oder Veranstaltungen, die ihr Leben und ihr Schaffenswerk in den Mittelpunkt stellen.
Ihre Werken böten der Menschheit die Möglichkeit, mehr über sich selbst zu erfahren.
Dorian Treitz fügte nach der von ihm vorgetragenen Rede Alexanders an, dass er selbst sehr stolz auf seine tolle Tante sei.
Nun wurde das Lied "Sehnsucht" abgespielt, dem alle ergriffen lauschten; eine kleine Pause, um die vielen bisher gehörten Worte in sich wirken zu lassen, bevor als letzter Redner dieser Veranstaltung unser geschätztes Mitglied, Johannes Kahrs, Mitglied des Deutschen Bundestages und Abgeordneter für den Wahlkreis Hamburg-Mitte, das Wort ergriff.
In einer erfrischenden und kurzweiligen Rede erzählte er, wie er 2005 zu unserem Verein kam, und wie an ihn die Frage herangetragen wurde, wie man Alexandra vielleicht würdigen könne.
Es kam zu einer Begehung der Wohnung, und es entstand die Idee, Alexandra genau hier, an ihrem ehemaligen Wohn- und Wirkungsort, eine besondere Würde zukommen zu lassen.
Nachdem mehrere verwaltungstechnische Hürden genommen worden waren, war das Resultat dieser Bemühungen zunächst im Jahre 2007 die Umbenennung einer Straße in diesem Stadtteil auf den Namen "Alexandra-Stieg" und zum heutigen Tage nun auch die Gedenktafel am Haus Rothenburgsorter Marktplatz 5.
Er begrüße diese Ehrung sehr, weil Alexandra zwar eine große Popularität besitze, aber sicherlich nicht vielen bekannt ist, dass sie während ihrer prägenden und entscheidenden Lebensjahre wohnortmässig und im Herzen eine Hamburgerin war, und er wünsche sich, dass in Zukunft auch die Presse vermehrt an diese Stelle geführt würde, damit sich auch dieses Wissen weiter verbreiten könne.
Zum Höhepunkt ertönte nun das Lied "Mein Freund der Baum", und während dieser musikalischen Begleitung schritten unsere Ehrengäste Horst Lessing und Johannes Kahrs zur Tat und enthüllten feierlich und unter Applaus aller Anwesenden die Gedenktafel, wobei sich zeigte, dass die provisorische Befestigung des "Verhüllungstuches" erstaunlich fest hielt, so dass die Tafel nur Stück für Stück ans Tageslicht kam, was die Enthüllung aber umso spannender machte!
Als Abschluss der rundweg gelungenen Feier begaben sich alle Anwesenden in die Räumlichkeiten der AWO, um mit Unterhaltungen, Getränken und kleinen Knabbereien die Feierlichkeiten zu beenden. Nicht unerwähnt soll hier bleiben, dass während des Klönens zwei neue Mitglieder ihre spontan ausgefüllten Aufnahmeanträge unserem Schriftführer überreichten.